„In Köln sehen alle nach nix aus – super!“ Carmen Thomas im EXPRESS

Den Treffpunkt, die Klubheim-Terrasse des Tennisklubs „Lese Grün-Weiß“, hat Carmen Thomas (69) nicht von ungefähr gewählt. Er liegt in „ihrem“ Veedel Braunsfeld, hier hat sie früher mal mit „Hohn“ Janus Fröhlich Tennis gespielt, hier lässt es sich bei Sonne und Cappuccino entspannt plaudern. Die Journalistin, Autorin und Moderatorin hat sich ein „zweites, sehr diskretes Standbein“ als Kommunikationsexpertin zugelegt. 

Seit 50 Jahren leben sie jetzt in Köln …

… und das tapfer als gebürtige Düsseldorferin. Nach dem Abitur bin ich zum Studium hergekommen – zunächst eher ungern, denn Köln war hässlich. Dieser graue Nachkriegs-Siedlungsbrei! Dass es damals die größte Uni-Stadt der BRD war, zeigte sie – und tut es bis heute – nicht. Und 1965 galt die kölsche Art als laut und primitiv. Aber je länger ich hier bin, desto »gerner« bin ich hier.

Warum?

Museen, Kultur, Theater – super. Das Understatement der Menschen – herrlich (lacht). In Düsseldorf sieht man von Weitem, was teuer ist. Hier sehen die alle nach nix aus – super. Weniger förmlich als in Hamburg, mehr freundlich- tolerante Menschen – läve un levve losse. Lokalpatriotismus statt Faschismus. Der Dom, die Kirchen, der Rhein. Tünnes, Schäl und Konrad Adenauer. Der Grüngürtel als Bois de Cologne …

Es könnten einem auch „Dreck“ oder „korrupte Politiker“ beim Stichwort Köln einfallen …

Seit 1980 vermittele ich im Coaching schon, dass Optimismus von optimieren kommt. Und dass Dung zu Dünger wird. Ich denke an Lösungen, das ist so viel fruchtbarer als jaulen und jammern.

Nehmen wir als Beispiel die Flüchtlingsproblematik, die in Köln evident ist …

Da bin ich für Lösungen, die weder den Menschen, die hierher kommen, noch denen, die hier zu Hause sind, Angst machen. Als schützende Idee könnten »Kumm-eren«-Teams, die sich in Kindergärten, Schulen und Universitäten, in Vereinen und Veedeln engagieren, dienen. Ein Ziel wäre: besser miteinander rudern als gegeneinander.

Am 13. September ist in Köln OB-Wahl – wen bevorzugen Sie, einen jungen SPD-Mann oder eine Frau?

Ich denke, dass dieses Partei-Kasperletheater dringend geändert gehört. Es geht um die beste Lösung und nicht darum, sie zu verhindern, weil ein Vorschlag von der falschen Seite kommt. Diesen Luxus können wir uns überhaupt nicht leisten. So wie es jetzt läuft, traut sich doch kaum ein vernünftiger Mensch, noch in die Politik zu gehen.

Sie kennen Köln aus dem Effeff, wo kann sich die Stadt entwickeln?

Viele Bürger wollen heute mehr gefragt werden. Zuhören statt zutexten, mitmachen statt maulen – das sind für mich Schlüssel für die Zukunft. Und das lohnt: Denn keiner ist so klug wie alle – die Gruppe ist immer klüger als die klügste Person im Raum.

Zu Ihrer Karriere: 1973 wurden Sie ZDF-Sportstudio-Moderatorin. Ist es für Sie ein Makel, von vielen auf den Versprecher „Schalke 05“ reduziert zu werden?

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